Keine Höchstmengen mehr für Fett empfohlen

Wenn sich das herumspricht, werden viele Menschen, die auf gesunde Ernährung achten, erleichtert sein. Experten wollen keine Höchstmengen für Fett mehr empfehlen. Endlich ohne schlechtes Gewissen beim cremigen Weichkäse zugreifen können und ein leckeres Steak mit Fettrand vom Grill genießen. Schluss mit fettreduzierten Diätprodukten – das ist wirklich eine gute Nachricht!

Nüsse, Avocado, ein Glas Olivenöl und roher Lachs liegen angerichtet nebeneinander

Amerikanische Wissenschaftler forderten jetzt im Fachmagazin „Jama“, dass die US-Regierung in ihren Leitlinien zu gesunder Ernährung nicht mehr eine Obergrenze für das mit der Nahrung aufgenommene Fett empfehlen soll. An diesen Richtlinien orientiert sich auch die Fachwelt der restlichen westlichen Welt. Professor David Ludwig und seine Kollegen von der Harvard-Universität in Boston haben gute Argumente für ihre Forderung. Jahrzehntelang beobachteten sie die Auswirkungen der begrenzten Fettzufuhr und mussten feststellen, dass der Fettverzicht nicht die Lösung ist. Seit Beginn der Low-Fat-Ära Ende der 70er Jahre kam es zu einem paradoxen Effekt: Anstatt gesünder, wie erhofft, wurden die Menschen kränker und Zivilisationskrankheiten, wie Diabetes, Schlaganfall und Übergewicht häufiger. Als einer der Gründe wird angenommen, dass die Konsumenten die Low-Fat-Produkte als Freibrief für Völlerei verstanden. Ernährungsexperten mussten sich eingestehen, dass sie dem Fett zu Unrecht die Schurkenrolle zugeschrieben hatten. Die Menschen wechselten von gesunder Vollfett-Nahrung auf ungesunde Low-Fat-Produkte, die mit Zusatzstoffen versehen waren.

„Es sind gerade diese stark verarbeiteten Lebensmittel mit Zuckerzusätzen, die den Stoffwechsel belasten und dick machen“, sagt David Ludwig. Der Glaube an die Low- Fat-Doktrin hat zu gerade absurden Auswüchsen geführt. So wurde aus den US-Empfehlungen für Schul-Essen kürzlich Vollmilch gestrichen, während fettarme, gesüßte Milch weiter angeboten werden darf. Insbesondere die Ernährung mit gesunden Fetten, wie wir sie in Nüssen und Fisch finden, wirken sich positiv auf die Gesundheit aus, gerade auf das Herz-Kreislauf-System. Andere fetthaltige Produkte wie Käse oder Vollmilch gelten hingegen als gesundheitlich neutral, während viele Produkte mit reduziertem Fettgehalt als ungesund eingestuft werden. Nach Meinung von David Ludwig kommt es einzig auf die Qualität der einzelnen Lebensmittel an und nicht auf ihren Fettgehalt.

Auch in Deutschland glauben noch viele Ärzte, dass weniger Fett gesünder ist. Da beruhigt es, dass es auch bei uns Wissenschaftler gibt, die sich dem Mainstream widersetzen. „Jede Form einseitiger Ernährung ist eine Mogelpackung“, sagt Martin Reincke, Stoffwechselexperte an der Ludwig-Maximilian-Universität. „Wird ein Bestandteil der Nahrung einseitig reduziert, hilft das nichts, egal ob es sich um Low-Fat, Low-Carb oder Low-Protein handelt.“ Die Mitte ist das Maß aller Dinge – essen, was gut schmeckt, ausgeglichen und abwechslungsreich ist.

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